Ein Hologramm für den König

Liebe Leserinnen und Leser!

Zum zweiten Mal empfehle ich Euch nach Daniel Suarez „Daemon“ und „Darknet“ einen Roman. Es ist durch und durch ein Wirtschaftsroman und zugleich ein großartiges Gemälde unserer globalisierten Gesellschaft.

Der Plot ist in seiner Einfachheit genial (variiert): Der Antiheld Alan Clay wartet in Saudi-Arabiens KAEC (gesprochen: Cake), der King Abdullah Economic City, auf den König. Er wartet dort mit seinen Mitarbeitern im Auftrag der IT-Firma Reliant, für die er arbeitet. Das Team hat den Auftrag, mit einer holografischen Präsentation den König davon zu überzeugen, dass Reliant die IT für die Retortenstadt entwickeln und umsetzen soll. Alan wartet aber nicht nur, um erfolgreich zu akquirieren. Er wartet damit auch auf seine letzte Chance, aus seiner Misere zu entkommen: Er ist nicht nur pleite, sondern verschuldet und kann sich nichts mehr von dem leisten, was einst sein Leben versüßte und vor allem: Er kann seiner Tochter die Ausbildung nicht bezahlen. Anfang Fünfzig, die Midlife-Crisis hinter sich, steckt er in einem tiefen Loch, aus dem er seit langem nicht mehr rauskommt – Clay als Sinnbild Amerikas, das seine besten Tage längst hinter sich hat.

Eine Computersimulation von KAEC

Natürlich liegt es Nahe: Eggers Hologramm für den König ist die postmodern globale Wirtschaftsvariante von Samuel Becketts universalem „Warten auf Godot“. Folgerichtig stellt Eggers seinem Roman ein Zitat von Beckett voran: „Uns braucht man nicht alle Tage.“ Und das ist in der Zeit ständiger Erreichbarkeit und wachsender Allmachtsphantasien eine unerträgliche Vorstellung. Vor allem, wenn sie auch bedeutet, dass wir im Beruf verzichtbar sind und somit unser Konsumverhalten deutlich hinterfragen müssen.

Eggers entwickelt eine dichte Atmosphäre. Die Hitze, Leere, Langeweile, kurz: Das zunehmend unerträgliche Warten, das Alan Clay immer weiter in die Auseinandersetzung mit sich selbst und seiner Geschichte treibt, wird deutlich spürbar. Gleichzeitig gelingt es dem Autoren, den von der Globalisierung und noch mehr von sich selbst gebeutelten Antihelden ebenso kritisch wie wohlwollend zu beobachten.

Fazit: Wer sich auf anspruchsvolle und unterhaltsame Art und Weise mit der Globalisierung und dem Status Quo unserer Wirtschaft auseinandersetzen will, findet mit dem Hologramm für den König ein wunderbares Buch. Die Art, wie Eggers seine Geschichte erzählt, lohnt von Anfang bis Ende.

Herzliche Grüße
Andreas Zeuch

Eggers, D. (2013): Ein Hologramm für den König. Kiepenheuer & Witsch. Gebunden, 352 Seiten. 19,99€

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