Dein Preis

Liebe Leserinnen und Leser!

Gebhard Borck hat nach →“Affenmärchen“ sein zweites Buch auf den Markt gebracht: „Dein Preis. wie Du ein Angebot erstellst, das Deinem Wert entspricht.“ Er geht damit auf ein auch aus meiner persönlichen Erfahrung wichtiges Thema ein: Wie verpreisen sich Dienstleister sinnvoll und erfolgreich? Bis heute gilt das ungeschriebene Gesetz der Tages- oder Stundensätze. Wer einen Dienst leistet, egal ob als Unternehmensberater, Personal Trainer, Coach, Webdesigner oder Literaturagent, wird meist vor der Beauftragung nach der „Hausnummer“ gefragt, sprich: dem Tagessatz. In der jeweiligen Branche und auf Basis des gerade aktuellen Verhältnisses von Angebot und Nachfrage hat sich der Range eines „typischen“ Tagessatz ergeben. Innerhalb dessen bleibt noch ein gewisser Spielraum, ob und wenn ja, wo man sich in diesem Range positioniert. Natürlich ist es jedem und jeder Anbieterin freigestellt, Preise zu drücken und sich besonders billig oder umgekehrt besonders „hochwertig und exklusiv“, also teuer und deutlich über dem oberen Bereich zu verkaufen. Dieses Vorgehen der Verpreisung hat allerdings einen hohen Preis: Es ist weder sinnvoll noch beinhaltet es eine Wertschätzung des realen Menschen, der seine Dienste anpreist.

Borck 2014 - Dein Preis

Gebhard erfindet das Rad mit diesem Buch nicht neu. Die wertbasierte Verpreisung findet sich zumindest bei dem amerikanischen Unternehmensberater und Speaker Alan Weiss und dessen beiden ebenfalls durchweg empfehlenswerten Büchern „Million Dollar Consulting“ und „Million Dollar Speaking„. Auch wenn die Titel dieser Bücher ausgesprochen marktschreierisch sind, so bieten sie doch durchweg kluge und meistens überaus nützliche Tipps, wie man und Frau sich als Dienstleister, speziell als Berater und Redner erfolgreich vermarkten kann. In beiden Büchern geht Weiss ausführlich auf das Konzept der wertbasierten Verpreisung ein. Allerdings lässt es sich noch weiter verbessern und verfeinern. Und genau das ist Gebhard gelungen.

Die Basis der wertbasierten Verpreisung ist die Erarbeitung des eigenen Werts, der sich aus den drei sich überschneidenden Bereichen fachlich, sachlich und menschlich zusammensetzt. Wer einen Programmierer braucht, wird natürlich zunächst darauf achten, dass der Dienstleister auch die entsprechenden Fachkenntnisse hat, zum Beispiel in Form der benötigten Programmiersprachen. Aber darüber hinaus gibt es noch weitere wichtige werthaltige Kenntnisse und Fähigkeiten, zum Beispiel wie gut jemand in der Lage ist, mit anderen Menschen in Teams zusammenzuarbeiten, Entscheidungen zieldienlich zu fällen oder wie schnell und leicht jemand Neues erlernt. Der menschliche Bereich meint Charakter, Eigenart oder die Persönlichkeit eines Menschen. Dort, wo sich die drei Bereiche überschneiden, liegt der individuelle und damit höchste Wert, mit dem man und frau sich verkaufen kann.

Im nächsten Kapitel geht es dann um die Nutzenanalyse: Welchen Nutzen und damit Wert können DienstleisterInnen in einem angefragten Projekt überhaupt erzeugen? Noch genauer: Welchen Beitrag kann er oder sie zum Wert des Projekts beisteuern? Dazu gilt es – ähnlich einer systemischen Auftragsklärung – zunächst die Ist-Situation zu beurteilen, dann die Ziele zu setzen, Maßstäbe zu bestimmen, mit denen der Wert qualitativ und quantitativ gemessen werden kann, den Wert und schließlich den Anteil am möglichen Erfolg herauszuarbeiten. Letzteres erfolgt durch eine Matrix, die sich aus den Spalten Erfahrung/Know-How, Infrastruktur, Umsetzung und Koordination in den Zeilen Kunde und Anbieter zusammensetzt. Diese Nutzenanalyse macht überhaupt erst deutlich, welchen ökonomischen Wert ein Projekt hat. Die gewohnheitsmäßige Prüfung, ob ein Tagessatz in etwa passt, hat im allgemeinen nichts damit zu tun, ob die gesamten Projektkosten in irgendeiner sinnvollen Relation zum erreichten Wert stehen.

Gebhards Vortrag „Dein Preis“ beim PM Camp Stuttgart 2014

Schließlich erfolgt ein Angebot, dass sich in der Art und Weise, wie es erfolgt, an Alan Weiss anlehnt. Aus meiner eigenen Erfahrung mit dem Vorgehen nach Alan Weiss liegt der wichtigste Punkt darin, dass das Angebot zugleich ein Vertrag ist, der bereits unterschrieben an den potentiellen Kunden in zweifacher Ausführung gesendet wird. In Deutschland gilt es dabei allerdings etwas zu beachten: Die Unterscheidung in Werks- und Dienstleistungsverträge. Hier liegt aus meiner Sicht die größte Schwierigkeit der wertbasierten Verpreisung. Denn gewohnheitsmäßig werden Projekt- oder Pauschalpreise schnell als Werkvertrag angesehen, bei dem man als Dienstleister am Ende des Projekts das vereinbarte Werk schuldet, egal wieviel man an Arbeit investiert hat und ob der Kunde selbst einen entscheidenden Anteil am Erfolg hat. Leider löst Gebhard dieses Problem genauso wenig, wie es Alan Weiss aufgrund des amerikanischen Vertragsrechts überhaupt bewusst ist. Hier gilt also: Achtung, im Zweifel mit einem Anwalt prüfen, was Gebhard der Ordnung halber auch deutlich macht.

Der letzte Schritt ist die Bezahlung. Gebhard schlägt verschiedene Möglichkeiten vor: Nach erbrachter Leistung, so wie allgemein üblich; alternativ teilweise im voraus, bedingungslose Zahlungspläne, die nicht vom Projektverlauf sondern nur von erreichten, zuvor definierten Daten abhängen oder die gesamte Vorkasse. Als durchweg interessante Alternative dient das „Black Swan Agreement“, dass Gebhard vor einiger Zeit gemeinsam mit mir und Markus Stegfellner als Möglichkeit entwickelt hat, um auch Kunden für Projekte zu gewinnen, die im Moment nicht zahlen können oder wollen. Es ist letztlich eine Art erfolgsabhängiger Bezahlung, gemessen an individuellen Parametern.

Fazit: Ein kleines und feines Büchlein, dass endlich Sinn und Menschlichkeit in das wichtige Thema der Verpreisung bringt. Schließlich ist es auf diesem Wege möglich, auch den eigenen, sehr individuellen Wert als Mensch in ein Projekt einzubringen.

Herzliche Grüße

Andreas Zeuch

 

Borck, G. (2014): Dein Preis. Wie Du ein Angebot erstellst, Das Deinem Wert entspricht. edition sinnvoll wirtschaften. Paperback, 79 Seiten. € 8,90

Website „Dein Preis“

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  1. […] Entlohnungssystematiken gut vorstellbar. Gebhard Borck schlägt zum Beispiel in seinem Buch Dein Preis den Wertvertrag als eine Alternative vor. Das ist alles andere als dumm und gefällt mir sehr gut. […]

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